§ 2. Calvins Weg von der Transzendenz Gottes zu der „Accommodatio” Gottes.

Einer der wichtigsten Gedanken der dialektischen Theologie ist bekanntlich der qualitative Unterschied zwischen Gott und Mensch. „Gott ist im Himmel, und du auf Erden” (Pred. 5, 1), das ist ein von Karl Barth vielgebrauchtes Zitat. Gottes Transzendenz, Gottes Ganz-anders-sein wird immer wieder betont. Von da aus wird das Verhältnis zwischen dem Deus loquens und dem hörenden Menschen oft ohne weiteres konstruiert, wird „der Satz von der unaufhebbaren Subjektivität Gottes in seinem Wort” aufgestellt, 1) und wird sogar behauptet, dass ”nicht wegen der Relativität des menschlichen Erkennens”, sondern wegen der Absolutheit, „in der er sich zu erkennen gibt”, Gott uns verborgen ist. „An ihm” der „sich offenbart, wie er ist”, „scheitern wir, wohlverstanden gerade an der Offenbarung seiner Herrlichkeit”. 2)

Calvin aber macht’s anders. Obwohl die Transzendenz, die Souveränität, die absolute Erhabenheit, das Ganz-anders-sein Gottes in seiner Theologie unbedingt festgehalten wird, so lässt er doch noch mehr Faktoren wirksam sein, wenn es gilt, das Verhältnis zwischen Gott, dem Offenbarer, und dem Menschen als Hörer aufzuzeigen.

Grundlegend für Calvins Gedankenschema ist dabei die Ueberzeugung, dass Gott „Ein” ist. Seine virtutes sind |420| nicht voneinander zu trennen. Deshalb ist der Deus loquens mit dem Deus creator eins, sobald es sich nämlich auf das Reden Gottes nicht in der Trinität, sondern auf das Reden ad extra bezieht, das Reden als opus exeuns. Dieses loqui Gottes ist creare, und sein creare loqui. ”Das Wort Gottes ist Antwort”, sagte K. Barth. 3) Das Wort Gottes kreiert Frager und Frage, meint Calvin.

Beim loqui Gottes als creare bleibt Calvin jedoch nicht stehen. Der Creatio folgt die providentia und in dieser wird Gottes Absicht mit der creatio und mit der Kreatur in der Geschichte durchgeführt und vollzogen. Denn am Anfang aller Dinge steht Gottes Ratschluss, das decretum, das immer „horribile” ist, und dieses decretum Gottes hat der Geschichte ihren Lauf bestimmt. Und eben weil Calvin sich dies alles supralapsarisch vorstellt, 4) empfangen diese Gedanken bei ihm eine besonders scharfe Prägung. Gott stellt sich ein Ziel, das er in der Geschichte und durch sie erreichen will, und so geht es vom decretum zur creatio, von der creatio zur providentia, von der providentia bis zur Pleromatisierung aller Geschichte.

In diesem geschichtlichen Prozesse nun, durch den und in dem Gott seine Dekrete ausführt, hat sein Reden, sein loqui, auch seine bestimmte Stelle. J. Bohatec hat mit Recht darauf hingewiesen, dass Calvin sich in seiner Vorsehungslehre als Theolog der „Diagonale” erweist, dass also ein System von causa prima und causae secundae in seiner Vorsehungslehre auftritt, und dass deshalb seine Vorsehungslehre systematisch höher zu stellen ist als „die wesentlich theoretischen Paradoxien Zwinglis”. 5) Sobald man nun das Reden Gottes als opus exeuns unter dem |421| Gesichtspunkt der calvinischen Vorsehungslehre betrachtet, erscheint der Theologe der „Diagonale” von der heutigen Theologie der „Krisis” völlig verschieden. Und dass dieser Gesichtspunkt richtig ist, ist klar. Das Wort Gottes, die Offenbarung in allen ihren von ihm gewählten Formen, ist eins der Mittel, wodurch die „allmächtige und allgegenwärtige Kraft” 6) der Providenz Gottes alles in der Geschichte seinem Dekret gemäss zur Consummation lenkt. Obwohl Calvin nicht denen beistimmen würde, die die Rede Gottes ihrem Inhalt nach ohne weiteres eschatologisch nennen, so würde er doch seinerseits dieses Prädikat „eschatologisch” der göttlichen Rede wohl zuerkennen, wenn es sich um ihre Wirkung handelt. In der Weltgeschichte vollzieht sich nach ihm eine Offenbarungsgeschichte; diese ist ohne jene, jene ohne diese nicht verständlich. Durch sein Reden und durch das schöpferische Darstellen einer historia revelationis im Rahmen der Weltgeschichte, bringt nach Calvin Gott nicht nur die einzelnen Personen (durch regeneratio, vocatio interna et externa, Theopneustie, Offenbarungstraum, tardemah, Vision, Zwang zur Entscheidung durch Maschal und paroimia, durch verschärfte Proklamierung der Antithese oder durch „despotisches” Mandat u.s.w.), sondern auch bestimmte Völker (Israel, Amalek, Edom, die Völker bei Jesaja, Hesekiel, Daniel u.s.w. und zwar durch die Prophetie, die Psalmodie, die graphische oder verbale Inspiration, das Auftreten der Propheten unter den Barbaren, Traumexegese wie von Daniel, incidentelle Berührungen mit der revelatio specialis, revelatio communis u.s.w.) und die neutestamentliche Kirche zur Consummation, und dies in bestimmten, vom Dekret Gottes prädestinierten und ihr Einteilungsprinzip nur der historia revelationis entnehmenden Epochen (Paradieseszeit, Zeit der Patriarchen und Propheten, Epoche der Predigt Christi und der Apostel, das „Millennium” von Pfingsten bis zur Parusie). Immer ist Gottes Reden |422| und Schweigen, sein familiaris docendi modus und das continere seiner mysteria, ein providentielles Realisieren der praedestinatio. Calvin schreibt 7): „De evangelio vere testatur Paulus, non esse velatum nisi reprobis et exitio devotis, quorum mentes excaecavit Satan (2. Cor. 4, 4). Deinde sciendum est, vim illuminandi cuius meminit David, et familiarem docendi modum quem praedicat Iesaias, proprie ad electum populum referri. Hoc tamen semper fixum manet, non esse obscurum Dei verbum, nisi quatenus ipsum mundus sua caecitate obtenebrat: interim nihilominus mysteria sua Dominus continet, ut minime ad reprobos perveniat eorum sensus”. Und wenn Christus „obscure se turbae (!) loqui dicit”, so zeigt sich darin nach Calvin wieder „arcanum Dei consilium”; es ist dieses consilium, wodurch bestimmt wird, ob die parabolae Christi, die „aenigmatice continent, quae dilucide non vult Deus patefieri,” ihre „familiare” Exegese bekommen oder nicht. 8)

Aus dem vorher Gesagten fliessen für Calvin sofort Konsequenzen.

a) Eine erste Konsequenz ist wohl diese, dass es nach Calvin durchaus verfehit ist, das Verhältnis zwischen dem redenden Gott und dem hörenden Menschen zu bestimmen nur mit Berufung auf den unendlich qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch, als ob damit genug gesagt wäre. Das Reden Gottes, das seinem Wesen unmittelbar entspricht und nirgends anderswoher seiner „Struktur” nach bestimmt wird als aus seiner göttlichen Autarkeia, ist nur ein Reden innerhalb der Trinität, ein vom Menschen also nimmer gehörtes Reden, ein Rufen, ein gegenseitiges Einander-Zurufen — anthropomorph gesagt — vom Vater, Sohn und Heiligen Geist, ein Reden |423| nur als opus immanens. Dieses loqui Gottes kommt nicht aus den $Vh0 hg@Ø heraus und hat mit der Offenbarung und ihrer Rede nichts zu tun. ”Nous devons distinguer entre ce qui est contenu en l’Escriture saincte, et ce que Dieu nous a caché, et dons nous n’avons nulle doctrine ni tesmoignage”. 9) Gottes Offenbarungsrede gehört zu den opera exeuntia und was dieses Reden Gottes anlangt, stösst man bei Calvin sofort auf das nüchterne Wort: „Retenons donc que nostre Seigneur n’a point parlé selon sa nature. Car s’il vouloit parler son langage, seroit-il entendu des creatures mortelles? Helas non. Mais comment est-ce qu’il a parlé à nous en l’Escriture saincte? Il a begayé.” 10)

Oder auch: „Tant y a que nous ne le comprenons point en sa maiesté, d’autant qu’elle est trop haute, il faut qu’il s’abbaisse, et qu’il use de facons de parler qui soient propres à notre rudesse, et à la debilité de nos esprits.” 11)

Man bemerkt hier sofort einen bedeutungsvollen Unterschied zwischen Calvin und der dialektischen Theologie; diese bestimmt das Reden Gottes und beschreibt den Offenbarungsvorgang aus Gottes Wesen, aus seinen „opera immanentia”, aus seiner Uebergeschichtlichkeit; jener aus Gottes gÛ*@6\" (Wohlgefallen), aus seinem Wille zu opera exeuntia, aus seinem schöpferischen Erzeugen der geschichtlichen Evolutionen (z.B. 26, 248; 42, 161; 38, 693) auf der Basis der Creation und Recreation und aus seinem transzendenten Willen, dem Willen Gottes J@Ø .T@B@4@Ø<J@H J@×H <g6D@×H 6" 6"8@Ø<J@H J :¬ Ð<J" ñH Ð<J" (Römer 4, 17). Die dialektische Theologie betont immer, dass Gottes Allmacht sich nicht von seinem Wesen loslösen kann, sodass Gott nie etwas anderes als „nur” Gott sein kann, auch in seinem Reden; Calvin jedoch, obwohl er dem |424| unbedingt zustimmt, fügt hinzu, dass Gottes Allmacht eine Verbindung schaffen kann zwischen sich und seinem Geschöpf; dass er sich dem Menschen anpassen (adaptare) kann, auch in seinem Reden. Durch das prädestinierende Reden im Dekret wollte Gott zunächst den Menschen sibi adoptare, und dann will er durch sein Reden in der Geschichte ihm se adaptare. „Quum Deus ad nos accedit, secum (nicht: suam, nicht: seines „Wesens”!) lucem affert.” 12)

b) Eine zweite Konsequenz liegt vor: wenn es sich so verhält, ist Gottes loqui auch kein loqui aus der Distanz, sondern ein „sermo” aus der Nähe. In der Literatur der dialektischen Theologie liegt — unter mehreren anderen Beispielen von Wörtern, denen man einen ganz neuen Inhalt gibt, — auch eine u.E. willkürliche Exegese des Begriffs „dialektisch” vor, wie sie Heinrich Vogel 13) allerdings in Abweichung von anderer 14) Auffassung gegeben hat. Bemerkt er doch, dass zwei Auffassungen von „dialektisch” möglich sind, eine, bei der „dia” „hindurch”, „bis auf den Boden”, eine andere, bei der „dia” vielmehr: „zwischen”, „in Distanz von” bedeutet. Jene Auffassung ist entnommen der rein sokratischen philosophischen Sphäre (ein regelmässig fortgehendes Fragen und Antworten um dadurch bis auf den tiefsten Grund, bis auf den Boden zu dringen); die zweite Auffassung aber ist dem theologischen Gebiet entnommen und bezeichnet das Sprechen Gottes im „Augenblick” seiner Offenbarung. Und Haitjema, sich dem anschliessend, sagt, 15) die theologisch-dialektische Methode dieser zweiten Art demonstriere die innere |425| Ueberzeugung eines Menschen Gott gegenüber, dass Gott in seiner Majestät sein Wort nicht den Menschen anvertraut um frei darüber als über eine begriffsmässige Wahrheit zu verfügen. Die nicht anschauliche Wahrheit „in het hoogere midden” zwischen zwei Gegensätzen ist nach Haitjema im Kritizismus des Glaubens nicht wie bei Sokrates eine Wahrheit, die, ewig, obwohl verborgen, anwesend ist. Nein, sagt er, es gilt hier im Bewusstsein des Abstandes mit bitterem Ernst unaufhörlich festzustellen, dass diese nicht anschauliche Wahrheit nur „in het hoogere midden” anwesend ist im grossen Augenblick von Gottes gegenwärtigem Reden.

Man kann dies, auch wenn mann mit Fritz Heidler 16) „die Mitte”, worauf alle dialektische Aussagen Barths bezogen sind, für Gott selbst und ihn allein halten würde, doch schwerlich eine richtige Interpretation Calvins nennen. Gerade der Hervorhebung des Distanzbegriffes („dia”) in dem Verhältnis des deus loquens zu dem hörenden Menschen stellt Calvin die Lehre der accommodatio Gottes in seiner Offenbarungwirksamkeit gegenüber. Calvin hat es geduldig angehört: ¦((bH F@L JÎ Õ0:" ¦FJ4< (Röm. 10, 8); und das alttestamentliche Wort aus Deut. 30, 14, das hier von Paulus zitiert wird, beherrscht sogar manche Perikope seiner Sermons sur Deut. Accommodatio Gottes, sagten wir. Man höre Calvin reden:

„S. Paul dit qu’il s’est fait comme une nourrice avec les enfans, quand il a presché l’Evangile: et quand il parle de soy, il n’y a nulle doute qu’il ne monstre la bonté de Dieu, lequel l’a ainsi gouverné par son sainct Esprit. Et ce qui est en S. Paul, nous le trouverons aussi bien et en Moyse, et en tous les Prophetes. Notons bien donc que Dieu s’est fait quasi semblable à une nourrice, qui ne parlera point à un petit enfant selon qu’elle feroit à un homme: mais qu’elle regarde à sa portée. Ainsi donc Dieu s’est comme demis: d’autant que nous ne comprendrions pas ce qu’il diroit, sinon qu’il condescendist à nous. Voile pour quoy en l’Escriture saincte on le voit plustost semblable à une nourrice, qu’on n’apperroit sa maiesté haute et infinie, à laquelle nous ne pourrions parvenir, et mesme de laquelle nous ne pourrions approcher”. 17) „Nihil . . . |426| prohibet quin sese Deus ad nostrum captum, hoc vel illud pollicitus, accommodet, ac velut in aliam formam transformet. Ecquis enim mortalium divinorum sermonum maiestatem capiat, si Deus ipse nos alloquatur, quam ne angeli quidem ipsi ferunt? Idcirco sese eo dimittit, ut ad nostrum captum suum sermonem accommodet . . . Nobiscum ipsum instar matris cum infante balbutientem audimus . . .” 18)

Und nicht nur die Mutter, die nutrix, ist für Calvin ein Bild des Deus loquens, sondern auch der Vater, als Pädagoge.

„Nous avons . . . à recueillir une doctrine generale . . . c’est que Dieu seroit enclin de sa nature à nous à faire venir à luy d’une façon douce et amiable, tout ainsi que un pere ne demande qu’à gagner ses enfans, riant avec eux, et leur donnant tout ce qu’ils desirent: si un pere pouvoit tousiours rire avec ses enfans, et satisfaire à leurs appetis, il est certain que tout son plaisir seroit là. Dieu donc se monstre tel envers nous. 19) Il descend à nous, et se rend familier, et nous appastelle par maniere de dire, et parle à nous d’une telle gracieuseté, comme feroit une nourrice à son enfant.” 20)

Calvin sagt, „que Dieu les” (Iuifs) „traittast humainement”. 21)

Die Idee eines sich zu unserer ruditas et infirmitas herablassenden Gottes ist Calvins Offenbarungslehre sehr vertraut und hat in ihr konstitutive Bedeutung. In seinen Sermons und sonstigen Auseinandersetzungen mit Deuteronomium und ihm verwandten Bibelstellen stösst man immer wieder auf eine fast ermüdende Wiederholung des Themas, das im hebräischen Text von Deut. 30, 14 gegeben ist. Freilich hat ihn der ganze Abschnitt (Vers 11-14) gefesselt. Das darf auch nicht wundernehmen, und zwar umso weniger, als Paulus in Römer 10 diesen Abschnitt zitiert. Er tut das gerade in einem äusserst bedeutungsvollen Context (Israels Fall, Verhältnis zwischen Israel und neutestamentlicher Kirche c. 9-11). Und die Allegation aus Deut. 30 wird von Paulus angewendet, damit er mit ihrer Hilfe seine für ihn typische, den Römerbrief beherrschende Antithese ausarbeite zwischen der *46"4@Fb<0 J0H B\FJgTH seiner Predigt einerseits und der Ç*4" *46"4@Fb<0 der pharisäischen Juden andererseits, die das mosaische |427| Gesetz im messianisch-eschatologischen Sinn, wie es Paulus gelehrt hat, zu lesen verweigerten. In Deut. 30 sagt Mose: Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht verborgen, K1m@:mi )whi x)l"p:ni-)$l, noch zu ferne, )whi hqfxor:-)$lw:. Es ist nicht im Himmel, Myima#$@fbf )$l; und deshalb ist die Frage zunächst überflüssig (Mose), danach und infolgedessen auch untersagt (Paulus Röm. 10, 6): J\H •<"$ZFgJ"4 gÆH JÎ< @ÛD"<@<, damit er das Gebot, hwfc:m@iha, uns herabhole, w@nlf hfxeq@fyiw:. Und es ist auch nicht jenseits des Meeres, )w@h My,fla rbe("mi-)$l, und deshalb ist die Frage zunächst überflüssig (Mose), danach und infolgedessen auch untersagt (Paulus Röm. 10, 7): J\H 6"J"$ZFgJ"4 gÆH J¬< –$LFF@<, damit er das Gebot uns herabhole? Also um in die Lage zu kommen, worin man das Gebot (das Mose sprach und das nach Calvins locus de sacra scriptura Gott durch Mose gegeben hat eben als Gottes Wort) hören, (ma#$f, Vs. 12, 13 und tun, h#&f(f, Vs. 12, 13, kann, braucht Israel daher nicht zu hlf(f, •<"$"\<g4< in den Himmel, d.h. es gibt kein Distanzgefühl in der „vertikalen” Linie; und braucht man auch nicht zu rba(f, 6"J"$"\<g4< jenseits des Meeres (kein Distanzgefühl also in der „horizontalen” Linie) oder gÆH J¬< –$LFF@< (kein Distanzgefühl also angesichts einer „Todeslinie”). Und weshalb nicht? „Solutio est facilis”, würde Calvin sagen: Denn es ist das Wort (rbfd@fha, JÎ Õ0:") (ganz) nahe bei dir (d)$m: K1yle)" bworqf, ¦((bH F@L) in deinem Munde (K1ypib@:, ¦< Jè FJ`:"J\ F@L) und in deinem Herzen (K1b:bfl:bi, ¦< J± 6"D*\‘ F@L), dass du es tust, wot#&(jla. Calvin, wie gesagt, zweifelt nicht daran, dass das hier gemeinte Wort hwfc:mi, rbfdf, Õ0:") das Wort Gottes ist, das durch die Vermittlung Mosis nicht verstümmelt worden ist. 22) Moses dixit und Deus dixit — das sind für ihn zwei |428| Sätze, in denen das dicere des einen wohl zu unterscheiden, aber nicht zu scheiden ist vom dicere des anderen. Und Paulus, darin von Calvin wieder unbedingt anerkannt, zweifelt nicht daran, dass Mosis Kerygma und Gesetzgebung in seiner eigenen Christuspredigt ihr Pleroma gefunden haben. Sagt er doch: J@ØJz ¦FJ4< JÎ Õ0:" J0H B\FJgTH Ô 60DbFF@:g<, vs. 8; und: º *¥ ¦6 B\FJgTH *46"4@Fb<0 @àJTH 8X(g4, vs. 6. Und die *46"4@Fb<0 ¦6 B\FJgTH ist eben das grosse Thema des Römerbriefes und der terminus technicus in Pauli Lehre von der iustificatio ex fide gegen über der *46"4@Fb<0 J@Ø <`:@L (¦> §D(T<), der Ç*4" *46"4@Fb<0 des Judentums, das von Abrahams Glauben (Röm. 5) getrennt und damit auch dem eigentlichsten (messianisch-eschatologischen) Leben Abrahams entfremdet war. Röm. 9-11.

Dieser locus classicus verdient eben dadurch unsere ganz besondere Aufmerksamkeit, dass er, sowohl in seiner alttestamentlichen als in seiner neutestamentlichen Form, das Herz der reformatorischen Lehre (Calvin, Luther, sola fide!) berührt. Der alttestamentliche Text, im neutestamentlichen Lichte gesehen, 23) |429| betont, dass, obwohl das Gesetz ein Joch ist, das ermüdet und tötet, das „Haben” des Gesetzes als Offenbarungsinhalt doch göttliche Gnade ist. Denn das Gesetz als Offenbarungswort heilt die caecitas naturalis, gibt Israel, was den Heiden versagt ist und führt durch die Ermüdung des Jochtragens zur Ruhe in Christo. Also ist im Gesetz schon das Evangelium; in der Predigt der *46"4@Fb<0 J@Ø <`:@L leuchtet schon das Ideal der *46"4@Fb<0 ¦6 B\FJgTHs @Û6 ¦> §D(T<. So ist das Thema der Glaubensgerechtigkeit, das eben Karl Barth cum suis so sehr interessiert, von Paulus hier aufgestellt. Es ist aber bemerkenswert, dass dieses Thema, das Calvin in seiner Deut.-Auslegung und sonst 24) so sehr beschäftigt, von K. Barth in seinem Römerbrief bei der bezeichneten Stelle völlig übersehen worden ist. 25) Und dennoch hat Calvin das Problem der iustificatio e fide in Röm. 10 deutlich gesehen. Er weiss, dass im Deut. 30, 12 |430|

„Moses de legis doctrina loquitur, Paulus autem ad evangelicas promissiones trahit . . . Moses facilitatem illic ostendit perveniendi ad vitam, quia iam Dei voluntas Iudaeis occulta non est, nec longe dissita, sed sub aspectum posita. Si de sola lege sermo esset, frivolum fuisset argumentum . . . Ergo non legem solam designat, sed totam in genere Dei doctrinam, quae evangelium sub se comprehendit 26) . . . Prope est verbum (vs. 8.) Primo hoc notandum est, ne ambagibus abductae hominum mentes a salute aberrent, verbi metas illis praescribi, intra quas se contineant. Perinde enim est ac si iuberet uno verbo contentas esse, et moneret in hoc speculo contemplanda esse coelorum arcana, quae et aciem oculorum perstringerent suo fulgore, et aures obstupefacerent, et mentem ipsam redderent attonitam. Itaque insignem ex hoc loco consolationem percipiunt fideles animae de verbi certitudine: quos scilicet in eo non minus tuto acquiescant quam in praesentissimo rerum adspectu. Deinde notandum est, proponi verbum a Mose, in quo stabilis et tranquilia salutis fiducia nobis constet. 27) . . . Particula ista, quod praedicamus, ideo adiecta est, ne quis suspicaretur Paulum a Mose dissidere. Testatur namque in evangelii ministerio sibi cum Mose optimam esse consensionem: quandoquidem ille quoque non alibi quam in gratuita promissione divinae gratiae felicitatem nostram locaverit”. 28)

Wenn man das alles liest, wird die Diskrepanz zwischen Calvin und der dialektischen Theologie sichtbar. Für Calvin ist die accommodatio Dei ein Artikel, mit dem zunächst die Offenbarung als Tatsache (abgesehen noch von ihrem Inhalt, Gesetz oder Evangelium), und danach auch ihr Inhalt selbst (Gesetz, und darin schon „latens” Evangelium, Evangelium und darin „patens” Plerosis des Gesetzes) steht oder fällt. Barth dagegen kennt das Wort „accommodatio” nur als Stichwort in dem Wörterbuch der Götzendiener.

Diese Abweichung von Calvin, auf den sich doch Barth beruft, hat, eben weil sie prinzipiell ist, zur Folge, dass er sich immer weiter von Calvin entfernt. Um bei unserem gegenwärtigen Thema zu bleiben: am Anfang dieses Paragraphen haben wir, um die Stelle zu bestimmen, die Calvin dem Worte Gottes zuweist, gesagt, dass man ausgehen müsse von seiner Ehrfurcht vor Gott als creator. Wir zitierten Röm. 4, 17 mit der bekannten Aussage über Gott, der J :¬ Ð<J" ruft (6"8gÃ<) als (ñH) Ð<J". Hier hat Calvin |431| 6"8gÃ< übersetzt durch „vocare” (Deus vocat ea quae non sunt tanquam sint). Und das vocare Gottes interpretiert er als schöpferische oder neuschöpferische Gottestat, wodurch also ein neuer Anfang gemacht wird: wo der Tod ist, wird er überwunden, und das Leben bricht hindurch zum Sieg über den Tod. Also keine coincidentia oppositorum, keine „Polarität” zwischen Tod und Leben, kein Zusammengehen von Tod und Leben, sondern ein Entweder-Oder. „Vocare” ist hier keine Benennung des Seienden oder Existierenden, sondern ein göttlicher Ruf zum Sein oder zur Existenz. Und „tanquam” (ñH) ist nicht so zu interpretieren, als wäre (paradoxal) das Tote lebendig genannt, obgleich es tot geblieben war. Es ist keine Rede von einem „vivum vocare”, sondern von einem „vocare ad vitam”:

„Nihil interesse an mortuus sit, qui a domino vocatur ad vitam: cut dum loquitur, facile est sua potentia mortuos suscitare. 29) Hic praeterea typum et exemplar habemus universalis nostrae vocationis, quo nobis ob oculos statuitur ortus noster . . . dum a Domino vocamur, ex nihilo nos emergere”. 30)

Es ist denn auch ganz in der Linie von Calvins Terminologie (vocatio, 68­F4H, regeneratio als creatio), wenn er bemerkt:

„vocandi verbum ad praedicationem restringi non debet, sed more scripturae usitato pro suscitare capitur”. 31)

Und nun Karl Barth. Noch in der ersten Auflage seines Römerbriefs 32) hat er das 6"8gÃ< von Röm. 4, 17 übersetzt durch „ins Sein rufen” (Gott, der das Nicht-Seiende ins Sein ruft), 33) ein gut Calvinischer Ausdruck also. Freilich ist es uncalvinisch, wenn er sagt: „das Wesen aller Dinge in dieser Welt ist, von Gott aus betrachtet, das ‘Meon’, das Nicht-Seiende, das Nichts”; 34) denn diese Art von Platonismus ist Calvin völlig fremd. Jedoch ist ein Anklang an Calvin unverkennbar, wenn er das 6"8gÃ< 6J8. so exegetisiert: „Gott . . . als der Schöpfer, der in die Finsternis |432| ruft: es werde Licht! und es wird Licht, der den Toten ruft, und sie werden lebendig; dem Nichts und es wird zum Etwas, dem Unsinn und er muss sich wenden zum Sinne, 35) der alten Welt und ‘siehe, es ist alles neu geworden’”. 36) In seinem auf das Paradoxon hinführenden Gedankengang aber ist Barth dazu gekommen, diese seine Uebersetzung und Interpretierung von Röm. 4, 17 radikal und prinzipiell zu ändern. In der neuen Bearbeitung des Römerbriefs 37) ist das „ins Sein rufen” (6"8gÃ<) ersetzt worden durch „ansprechen”: Gott, der . . . das Nicht-Seiende anspricht als das Seiende”. 38) Und die hierzu gegebene Paraphrase weist eine völlige Abweichung von Calvin auf. „Das Seiende muss als Nicht-Seiendes erkannt sein, damit das Nicht-Seiende als Seiendes angesprochen werden kann. Das ist die Unmöglichkeit der Erkenntnis, die Unmöglichkeit der Auferstehung, die Unmöglichkeit Gottes, des Schöpfers und Erlösers, in welchem „Diesseits” und „Jenseits” eins sind”. 39) Hier wird die Paradoxalität mit Gewalt in Röm. 4. 17 hineingetragen, weil das Sich-Einfühlen in das Calvinische vocare gänzlich fehlt.

Das gleiche findet sich, wenn der Gedankenkreis unseres Ueberblicks (der mit der Transzendenz Gottes — .T@B@4gÃ<, 6"8gÃ< — angefangen hat), schliesst mit der Akkommodation Gottes. Es is schon bemerkenswert, dass sowohl in der 1. als in der 2. Bearbeitung des Römerbriefs B\FJ4H in der Verbindung *46"4@Fb<0 ¦6 B\FJgTH in Röm. 10, 6 nicht durch „Glaube”, sondern durch „Treue” Gottes übersetzt wird. 40) Barth spricht von der „Gerechtigkeit, die aus der Treue Gottes kommt” (2. Bearb.) oder von der „Gerechtigkeit, die durch die Treue Gottes offenbart ist” (1. Bearb.). Hier |433| ist nicht nur ein Uebersehen des grundlegenden Adagiums der Reformation, sondern auch eine anti-reformatorische Entwertung des Glaubens als „Instrument”, als „Mittel” (*4V c. gen.) der Gerechtigkeit; sie ist vielleicht verständlich aus der Depreziierung jeder im menschlichen Subjekt vorhandenen Gegebenheit, wodurch der Weg zur Paradoxalität geebnet wird, aber durchaus nicht salva pace Calvini. 41) Dazu kommt man, wenn man in einer Interpretation des Römerbriefs sich völlig emanzipiert von dogmenhistorischen Untersuchungen und also bei der Frage nach dem Inhalt des Begriffs B\FJ4H mehr den Historismus als den Nomismus, und bei der Frage nach dem Sinn des <`:@H mehr die Romantik 42) und die „Moral” als die *46"4@Fb<0 J@Ø <`:@Ls ¦> §D(T<, die Ç*4" *46"4@Fb<0 der Pharisäer und nomistischen Juden bekämpft. 43) Aber das sei dahingestellt. 44) |434| Wir begnügen uns damit, darauf hinzuweisen, dass es nach K. Barth die „Treue Gottes” (B\FJ4H) ist, „dass er uns als der ganz andere, als der Heilige mit seinem Nein in so unentrinnbarer Weise entgegentritt”, 45) dass aber nach Calvin Gottes Liebe und Treue darin liegt, dass er „se rend familier, et nous appastelle”. 46)

Es ist tragisch, dass die Berufung auf Calvin, so gut sie gemeint ist, als unberechtigt bezeichnet werden muss. Calvin sowohl als Barth suchen der Transzendenz Gottes gerecht zu werden; Calvin aber hat das grosse „Paradoxon” von der Untrennbarkeit der Transzendenz und Immanenz Gottes gewagt, 47) nicht weil er sich das philosophisch ausgedacht hatte, sondern weil es ihm durch die Heilige Schrift geoffenbart worden war. Ihn hat der Gehorsam gegen dieselbe von der Lehre des Zusammengehens der Transzendenz Gottes mit seiner Immanenz geführt zur per consequentiam für den locus de revelatione daraus entnommenen Lehre der Akkommodation Gottes. Barth jedoch hat der Paradoxe |435| unendlich viele gemacht, aber — um den Preis dieses einen allbeherrschenden Calvinischen Grund-„Paradoxons”, das wir soeben nannten. Beide wissen um Gottes Erhabenheit, aber das Endergebnis dabei ist: wenn Paulus sagt: ¦((bH F@L JÎ Õ­:", dann seufzt Karl Barth: „Nahe ist das Wort, bereit liegt das Dynamit”, 48) aber Calvin jauchzt, dass er gesehen habe das freundliche Antlitz eines Vaters, einer Mutter: wo der eine Dynamit drohen sieht (in aeternum), dort findet der andere „un père riant”, „une nourrice”, „matrem cum infante balbutientem”, „deum ludimagistrum”. „Scimus non ita subtiliter loquutum fuisse spiritum in lege et prophetis, quoniam stylum formavit ad communem vulgi captum”. 49) Behauptet man, „que ce n’est pas une chose vulgaire que la parolle de Dieu”, so zeigt sich darin . . . „l’astuce de Satan”. 50) Denn Gott sagt, dass sein Wort „n’est un iargon qui soit incogneu, mais qu’il parle franchement”. 51)




1. Die Lehre v. Worte Gottes (Dogm. I. Band), 1927, S. 81, 261, passim.

2. l.l. S. 216, cf. Th. Siegfried, Das Wort und die Existenz, I, Gotha, L. Klotz, 1930, S. 156.

3. Dogm. I, 1927, S. 79, passim.

4. „Evenals Augustinus tot zijne leer der praedestinatie kwam door de studie van Paulus, zoo heeft de leer der Schrift over de zonde Calvijn tot zijn supralapsarisme geleid. Hij gaf daarin naar zijn eigen verklaring geen philosophie, maar de waarheid naar het Woord Gods”, Inst. I 18, III 21-23, H. Bavinck, Gereformeerde Dogmatiek, 3e Aufl. Kampen, J.H. Kok, II, 399.

5. J. Bohatec, Calvins Vorsehungslehre, Calvinstudien, Festschrift, Leipzig, 1909, S. 407, 440. Das Bild der Diagonale ist mit Vorsicht zu gebrauchen (s. unten).

6. Heidelb. Katech., Abt. X, über die providentia.

7. Ioann. Calv. Opera quae supersunt (ed. Baum-Cunitz-Reuss. Brunsvigae. C.A. Schwetschke et filii) 45, 357/8; cf. 47, 295. (Quae et causa est . . . ) Hier und in folgenden Calvin-Zitaten beziehen sich die Zahlen auf die betr. Bände der Opera Calvins, nicht auf das Ganze des Corpus Reformatorum.

8. 45, 359, 360.

9. 28, 543 (Exegese von Deut. 29, 29). Vgl. in diesem Kap., § 4.

10. 26, 387 (Sermon XLII sur le Deuter. chap. V.)

11. 28, 441 (es handelt sich um die Deutr.-Stelle: parce que tu n’as point servi à ton Dieu d’un tout coeur, et en ioye, ayant abondance de toutes choses. Sermon CLX sur le Deut. chap. XXVIII.

12. 36, 131 (Exegese zu Jesaja 6: Vae mihi, Jesajas Berufungsvision!)

13. Art. „Die Dialektik der Predigt”, Zwischen den Zeiten, Jahrg. 1929. Heft 2.

14. So wird noch i.J. 1928 von Karl Barth gesagt: „*4"8X(gFh"4 d.h. ein Bilden prinzipiell unvollständiger Gedanken und Sätze, unter denen jede Antwort auch wieder Frage ist und die alle miteinander über sich selbst hinaus hinweisen auf die erfüllende unaussprechliche Wirklichkeit des göttlichen Sprechens”, Die Theol. u.d. Kirche, 1928, S. 319.

15. Nieuwe Theologische Studien, Wageningen, Veenman & Zn., April 1930 (XIII, 4), S. 106, sqq.

16. Theol. Blätter, II, 7 (Juli 1932).

17. Calvin, 26, 387.

18. Calvin, 29, 356 (homilia XI in I. Lib. Sam., cap. 2.)

19. Calvin, 28, 441, cf. S. 423 Note 3.

20. Calvin, 29, 121/2, Sermon CXCII sur le Deut. Chap. XXXIII.

21. Calvin, 28, 441.

22. Cf. die Parallelie zwischen „S. Paul, Moyse, tous les Prophetes”, und „Dieu”, in 26, 387. — Sermon CVIII sur Deut. 18, 9-15: Il (d.h. Gott) a voulu, qu’il y ait des docteurs qui iournellement parlent en son nom, et qu’ils soyent (bref) comme sa bouche (nicht durch ihre Person, nicht durch irgendein lumen internum, sondern durch die H. Schrift (der Apostel u. Propheten usw.). — Comm. zu 1. Joh. 4, 1: Nam Deus semper verbum suum ex hominum ore non secus excipi voluit, quam si palam ipse e coelo apparuisset. — Confession de la foy: „. . . nous |428| recevons les vrays ministres de la Parolle de Dieu comme (non secus atque) messagiers et ambassadeurs de Dieu, lesquels il fault escouter comme luy mesmes, et reputons leur ministere estre une commission de Dieu (Dei mandato adprobatum); nicht durch lumen internum, sondem als ministres de la Parolle, und insoweit sie dem gerecht werden (cuius ministerium dum exercent). — Wenn Mose sagt: Ie t’ay proposé le bien et le mal, la benediction et la malediction, ie vous ay proposé la vie et la mort, etc., dann bemerkt Calvin: En somme nous voyons que Moyse insiste sur ce poinct, que la parolle de Dieu ait envers nous une telle reverence, et un tel honneur. que ce soit autant comme si Dieu nous estoit apparu en sa maiesté visible, et que nous y soyons rengez (28, 595, serm. sur Deut. 30). — Il est certain qu’il (sc. Dieu) ne nous a point apprins seulement un a. b. c., quand il nous a donné sa parole, (das von Aposteln, Propheten usw. geschriebene), mais il nous a enseigné à pleine bouche: comme Moyse le disoit du peuple d’Israel (53, 25).

23. Einige meinen, dass Paulus „das, was die Glaubensgerechtigkeit in der Gegenwart sagt, in scharfen Gegensatz stellt zu dem, was Moses in seinem Buch schreibt” (Th. Zahn, Der Br. d. Paulus a.d. Römer, Leipzig, Deichert, 1925, S. 478). Dies scheint uns unrichtig zu sein. a) weil Paulus nicht gegen Moses zu kämpfen pflegt; b) weil der Umstand, dass Moses „noch gar nicht sagen konnte” was Paulus predigt, die Annahme einer |429| bewussten Abweichung des Paulus von Moses durchaus nicht legitimiert; ist es doch offenbar, dass das hermeneutische Prinzip der „plerosis” im N.T. von dem, was im A.T. in nuce gegeben ist, mit der allgemeinen Allegationsmethode des Paulus sich verträgt; c) weil es für die paulinische Kritik am Judentum von hohem Wert ist, zu zeigen, dass auch der „nomos”, der in Christo sein „telos” findet, schon im Prinzip (und zwar hier durch einen Offenbarungsakt aus suveräner Gnade) die „dikaiosynê ek pisteoos” gepredigt und dem Anfang nach verwirklicht hat. Cf. G. Doekes, De beteekenis van Israels Val, Nijverdal, Bosch, 1915, z. St.

24. Nicht allein in dem Sermons sur Deut., sondern z.B. auch Inst. I, 74, Sermon sur Gal. 2, 20 (eine Stelle, worauf öfters eine Paradoxentheorie begründet worden ist), Sermon sur Gal. 3, 1 usw. — Quand nous avons la parole, il ne faut plus demander (comme dit Moyse): qui est-ce qui montera pardessus les nues . . . etc. La parole est en ta bouche (dit-il) et en ton coeur: il nous faut contenter de cela. (50, 446/7). — Mais cependant la doctrine nous est si patente, que nous pouvons facilement cognoistre la volonté de Dieu, car il nous la declare assez familierement toutes et quantes que l’Evangile nous est presché, tellement qu’il ne nous faut plus faire de longs discours ne de grands circuits, il ne faut plus (! Standpunkt der historia revelationis: ne plus) dire, qui est-ce qui montera . . . etc. Avons nous la parole de Dieu, voire sa parole purement annoncee? Voilà Iesus Christ qui est comme au milieu de nous, et qui se presente comme s’il estoit pendu en la croix . . . contentons nous de cela. 650, 463.)

25. Das ist deutlich, schon aus seiner Uebersetzung des Textes; davon sprechen wir noch. In K. Dogm. I, 1, 254 schreibt Barth anders über Röm. 10.

26. Comm. in Röm. X, 6 (49, 198).

27. 49, 200. Ueber die „verbi metae” hier Kap. IV, § 4.

28. 49, 201.

29. 49, 81.

30. l.l.

31. l.l.

32. Bern, bei G.A. Bäschlin, 1919.

33. S. 96.

34. S. 97/8.

35. „Sich wenden zum Sinne”; später würde gesagt sein: und er wird (anerkannt als) Sinn.

36. S. 98.

37. Ich zitiere den 3en. Abdruck d. neuen Bearbeitung, Kaiser, München. 1924 (8-11. Tausend).

38. S. 116.

39. S. 118.

40. S. 361.

41. Barth zu Röm. 5, 1 : „Verdächtig müssen wir uns selbst in iedem Augenblick sein, wo wir es wagen, damit zu rechnen, dass wir glauben” (S. 126, N. Bearb. 3. Abdr.). Calvin, in Röm. 5, 1: Dixerat enim prius (sc. Paulus) fidem aboleri, si ex operibus quaeritur iustitia: quia perpetua inquietudo miseras animas turbabit, quae nihil solidum in se reperient. Nunc ex opposito docet, quietas et tranquillas reddi, ubi fide iustitiam adepti sumus . . . Pax ergo conscientiae serenitatem significat, quae ex eo nascitur, quod Deum sibi reconciliatum sentit (49, 88). Barth: „Auch nicht im Geringsten hört der Mensch etwa auf, ein Wartender, nur ein Wartender zu sein, ein Hoffender, der nicht schaut (8, 24). (S. 128). Calvin: Ex quo patri nos reconciliavit (Christus), talis est nostra conditio, ut suam erga nos gratiam efficacius exserere et in dies augere velit (49, 93). Atqui nisi et certa in praesens intelligentia, et in futurum constans ac minime dubia sit persuasio: quis gloriari auderet? spes gloriae Dei nobis per evangelium affulsit, quid testatur nos fore consortes divinae naturae. (49, 89/90).

42. z.B. 1. Bearb. S. 195; 2. Bearb. passim.

43. Und dies, obwohl K. Barth in 4, 13 *46"4@Fb<0 B\FJgTH übersetzt mit „Gerechtigkeit des Glaubens” (3. A. der Neuen Bearbeitung). In der 1. Bearbeitung hatte er aber 4, 13 übersetzt mit : „Gerechtigkeit aus göttlicher Treue”; in 10, 8 Õ­:" B\FJgTH in der 1. Bearbeitung mit „Wort des Glaubens”, dagegen in der 2. Bearbeitung: „Wort von der Treue Gottes”. Dieses Hin-und-Herschwanken, noch dazu ohne jedes einleuchtende System, ist eben hier umso bedauernswerter, als es ein völliges Vorübergeben verrät an dem grossen Leitgedanken und dem Hauptproblem des Römerbriefs: Glaubensgerechtigkeit ohne Gesetzeswerke (sola fide, Luther, Calvin).

44. Der in Note 3 nachgewiesene Fehler ist bereits vorhanden in der Uebersetzung von Röm. 1, 17. Dort ist der bekannte Text mit Allegation aus Hab. 2, 4 Ò *¥ *\6"4@H ¦6 B\FJgTH .ZFgJ"4 der Grundsatz der |434| Reformation. Barth übersetzt hier: „Der aus Treue gerecht Gemachte wird leben” (1. Bearbeitung); später: „Der Gerechte wird leben aus meiner Treue” (2. Bearb., 3. A.). Aber dies ist doch nicht richtig! Denn ob man ¦6 B\FJgTH mit *\6"4@H verbindet oder mit .ZFgJ"4, — für alle Fälle muss man doch B\FJ4H mit „Glauben” übersetzen und nicht mit dem Barthschen „Treue (Gottes)”. „Ob man sagt: aus der Treue Gottes, oder: aus dem Glauben des Menschen, es ist dasselbe. Schon die Ueberlieferung dieses Prophetenwortes weist nach beiden Richtungen” (2. Bearb., 3. A. S. 17). Wir werden uns nicht weiter darüber auszulassen brauchen, nur erlauben wir uns im Vorübergehen zu bemerken, dass es für das Problem des Paradoxons seine (für Barth unerwünschte) Konsequenzen haben kann, wenn man das hebräische hnw@m)v mit seiner radix Nm) eine Relation von Gott dem Menschen gegenüber (statt vom Menschen Gott gegenüber) aussagen lässt.

45. 2. Bearb., 3. Abdr. S. 17.

46. 29, 121. („par maniere de dire”, 121/2).

47. Ergo, ut Deus, ad spoliandam omni patrocinio hominum impietatem, numinis sui fulgorem in creaturis delineatum sine exceptione universis proponit: ita quibus se destinavit in salutem manifestare, eorum imbecillitati efficaciore remedio succurrit. Nam in eorum eruditionem non mutis duntaxat magistris utitur, sed os quoque sacrosanctum reserat; neque tantum promulgat, colendum aliquem esse Deum, sed eum se esse pronuntiat, qui colendus est. Nec ipsos docet modo in Deum respicere, sed se quoque exhibet in quem respiciant (Inst. Rel. Chr. 1, 292).

48. Römerb. 2. Bearb. 3. Abdr. S. 364. Anders, wie schon bemerkt, in K. Dogm.

49. 38, 76.

50. 28, 617.

51. 28, 572.






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